JAHRESKREIS


 


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 OKTOBER

       Oktobermensch


       Der Gleichstand zwischen Tag und Nacht,
       hat unlängst uns den Herbst gebracht,
       ein Vorgang, der sich evident
       vollzog genau in dem Moment,
       in welchem Dunkelheit und Licht
       befanden sich im Gleichgewicht.
       Hier liegt der Sinn wohl, ohne Frage,
       im Namen des Sternzeichens Waage.


       Zieht man den Ablauf in Betracht,
       dass ja die Ernte eingebracht
       und mit der Jungfrau Tierkreiszeichen
       auch die Naturprozesse weichen
       nun einer Art von Kunst und Spiel,
       mehr das Ästhetische zum Ziel,
       bringt der Oktober uns die Zeit
       verklärter, reiner Herbstlichkeit.


       Dies ist in Versen nachgestellt
       in Kürze Nietzsches Sicht der Welt,
       der von Geburt her nachweisbar,                                             
       wie ich, Oktobermensch auch war.
       „Von der Musik“, spricht Nietzsche weiter
       „will ich, dass tief sie sei und heiter,
       auch eigen, zärtlich sie sein mag,
       wie ein Oktober-Nachmittag…“


       Doch Zarathustra nicht erklärt
       allein uns des Oktobers Wert.
       Es finden sich des Monats Spuren
       schon auch in früheren Kulturen.
       Bereits im Mittelalter galt
       Oktober heilig dergestalt,
       dass es den Königen war Grund
       zu schließen dann den Ehebund.


       Und der Oktober unserer Zeit
       hat auch eine Besonderheit,
       wenngleich sich diese trivial
       nur zeigt in einer simplen Zahl:
       Von allen Monaten im Jahr
       ist er der längste nachweisbar,
       weil dank der Zeitumstellung er
       besteht aus einer Stunde mehr.

    

 

       Teile und Ganzes

 

       Es habt ihr Menschen ausgefeilt
       die Zeit in Stückchen aufgeteilt,
       indem ihr pfiffig habt erfunden
       Monate, Wochen, Tage, Stunden.
       Das aber hat dazu geführt,
       dass man die mehr evaluiert
       und auf die Teile eher achtet,
       als dass das Ganze man betrachtet.
       Sagt selbst, seid nicht auch ihr Gesellen
       mehr als die Summe aller Zellen?


       So nimmt man leider mich als Jahr
       nur zu Beginn und Ende wahr,
       sonst jeder sich damit  begnügt,
       dass Monat man an Monat fügt.
       Vielleicht mag‘s heute mir gelingen
       mich besser ins Gespräch zu bringen,
       jetzt, da die Haare sich schon lichten
       und sich im Spiegelbild verdichten
       die Wahrnehmungen dergestalt:
       Oh Schreck lass nach - ich werde alt!

 

       So wie das Alter ungefähr
       kommt plötzlich auch der Herbst daher,
       schlagartig ändert sich die Welt
       denn alles löst sich, alles fällt.
       Im Zeichen der Vergänglichkeit
       läuft spürbar schneller nun die Zeit,
       oktobert sich durch Hain und Flur
       im bunten Wechsel der Natur.
       Trotz dieser letzten Farbenpracht
       ist schon mein Ende ausgemacht.

 

        Bild: Hoche

    

 

Das Ahornblatt

 

Es traf das Blatt, das herbstursächlich
an einem Ästchen hing schon schwächlich,
ein frischer Luftzug dergestalt,
dass es verlor Kontakt und Halt,
worauf des schaukelnd wie im Spiel
und Todestanz zur Erde fiel.

 

In diesen wenigen Sekunden
hat viel mehr Leben es empfunden,
als davor in der ganzen Zeit
voll unbeschwerter Leichtigkeit.
Erlebte doch im Lauf des Falles
das Ahornblatt noch einmal alles,
was ihm im Leben wertvoll schien.

 

Es sah im Geist vorüberziehn
die Meilensteine seines Lebens,
von den Momenten des Erhebens
aus knospig dunklem Wintertraum
in lichten, lebensfrohen Raum,
dem Aufbruch im millionenfachen,
gemeinsamen Frühlingserwachen
bis hin zur sterbenssüßen Zeit
voll wechselhafter Farbigkeit.

 

Der Vögel Rückkehr von der Reise
in ihre heimisch-trauten Kreise,
April in Launenhaftigkeit,
der Mai im wonnegrünen Kleid,
der Zug der Wolkenkarawanen
auf ihren fernen Himmelsbahnen,
der Wechsel zwischen Nacht und Tag,
des Blitzes peitschenscharfer Schlag
gefolgt von Donners Widerhall,
der Regentropfen schwerer Fall,
des Kuckucks Ruf aus weiter Ferne,
am Firmament das Spiel der Sterne,
die Mücken, die im Herbstlicht tanzen
und all die zärtlichen Romanzen,
die zwischen Mädchen sich und Knaben
dort unten zugetragen haben.

 

Im Fallen jetzt erst wurd‘ ihm klar,
wie groß all dieser Reichtum war,
den bisher es, obwohl vollkommen,
zu seiner Zeit kaum wahrgenommen.
Wie sich das Blatt nun dreht und wendet
spürt es, obwohl sein Leben endet,
dass nichts in Wahrheit geht verloren,
da tausendfach aufs Neu geboren.

 

 

Gendergerechter Altweibersommer

 

Altweibersommer, das geht nicht,

weil es dem Sprachtrend widerspricht.

Daher wird's Zeit, auch das zu ändern

und endlich sprachkonform zu gendern,

damit von nun an auch der Mann

sich angesprochen fühlen kann.

Geschlechtermäßig somit wär

Altweiber:männersommer fair!

 

Doch halt, das Wort Weib kann verletzen,

ich müsste es durch 'Frau' ersetzen.

Dass ‚Männer‘ ich auch tausch diskret
in ‚Herren‘, jedermann versteht,

wodurch das ganze dann präzise

Altfrauen:herrensommer hieße.

 

Doch das befriedigt auch noch nicht,

weil Frau dem Herrn ja nicht entspricht.

Aus Schutz vor eventuellen Dramen

ersetze 'Frauen‘ ich durch 'Damen‘,

womit es nun in diesem Geist

Altdamen:herrensommer heißt!

 

Da „Alt“ - ich hätt es wissen müssen -
auch nicht gut ankommt in gewissen,
meist weiblichen Gesellschaftsschichten,
muss ich auch dies wohl anders dichten.
Doch ist die deutsche Sprache arm
an Substituten mit mehr Charme.
So sind „erfahren, weise, reif“
zwar möglich, aber doch zu steif.
Da „alt“ nicht selten ist Gewinn
bei Herren, macht es durchaus Sinn,
dass man konfliktfrei es am End
Altherren*damensommer nennt.

       

P.S.

Ich hör schon Besserwisser:innen:

das käm vom Webvorgang der Spinnen.

Ich sage euch, das stört mich nicht,

schreibt dann halt selber ein Gedicht.  


Das Alter


Das Altern, heißt‘s, sei ein Prozess
vom ersten Tage an indes,
der sich entwickelt all die Zeit
in stetiger Beständigkeit,
und vom Naturgesetz gelenkt
sich fest an unsre Fersen hängt.


Auch wenn das ‚Werden und Vergehen‘
wir vom Verstande her verstehen,
ist jenen jung, vital, modern,
das Alter vom Gefühl her fern
und bleibt bis zu dem Tag abstrakt,
wo es konkret auch sie dann packt.

,

Alter


Nichts Schlimmes gestern noch gedacht
schleicht sich das Alter über Nacht,
zumeist verdammt geräuschlos dann,
von hinten hinterlistig an.
Ab diesem einen Schreckmoment
ist‘s im Bewusstsein stets präsent,
mit der Erkenntnis dergestalt
‚Oh Schreck lass nach, jetzt bin ich alt‘!


Nicht frei von Wehmut wird bewusst
des Lebens Hauptanteil Verlust
weil viel mehr war, als noch wird sein.
Auch mehren sich die Zipperlein
und auch die Falten im Gesicht,
und auch das Haar wird grau und licht.
Und dabei stemmt man sich vergebens
gegen den Herbstverlauf des Lebens.


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